Stellungnahme der Allianz SACHSEN KAUFT FAIR zum Entwurf der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie
29. Juli 2016
Die Allianz SACHSEN KAUFT FAIR ist ein Zusammenschluss der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens, des Bistums Dresden-Meißen, des DGB – Bezirk Sachsen, dem BUND – Landesverband Sachsen und dem Entwicklungspolitischen Netzwerk Sachsen. Die Allianz engagiert sich für einen ökologischen und sozial verantwortlichen Einkauf der öffentlichen Hand in Sachsen.
Wir begrüßen die Aktivitäten der Bundesregierung, die im Entwurf der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie festgeschrieben werden und nutzen die Gelegenheit, den aktuellen Entwurf zu kommentieren. Dabei beziehen wir uns insbesondere auf den Bereich ‚Nachhaltige Beschaffung‘ (S. 37ff).
Vorab möchten wir noch etwas zur Definition des Nachhaltigkeitsbegriffs (S. 21f) anmerken: Die Bundesregierung arbeitet mit dem Nachhaltigkeitsbegriff im Sinne einer Gleichwertigkeit der drei Dimensionen Umwelt, Wirtschaft und Soziales, wenn auch explizit hervorgehoben wird, dass „die planetaren Grenzen unserer Erde die absolute äußere Beschränkung vorgeben.“ Bei dieser, auch „3-Säulen-Modell“ genannten Definition, entstehen natürlich Zielkonflikte. Unseres Erachtens nach verringern sich diese allerdings, wenn man mit dem so genannten „Vorrangmodell der Nachhaltigkeit“ arbeitet. Dieses setzt den Erhalt der ökologischen Grundlagen bzw. deren Grenzen als Rahmen für alles menschliche Handeln. Soziale Standards gelten als nächst definierte Bedingungen für wirtschaftliches Handeln, das sich also ausschließlich an diesen beiden Grundlagen zu orientieren hat. Hinsichtlich der bereits eben genannten planetaren Grenzen unserer Erde ist durch die Politik der Industrieländer zusätzlich deren Orientierung am Wirtschaftswachstum zu überdenken, da genau diese sich im Widerspruch zu eben diesen Grenzen befindet, die in vielen Bereichen bereits überschritten sind.
So kann mit Effizienz allein eine Minderung des Energie- und Ressourcenverbrauchs nicht erreicht werden, zusätzlich muss auch Suffizienz, in diesem Fall also die Eingrenzung der öffentlichen Beschaffung auf ein angemessenes Niveau, und die Notwendigkeit einer Einsparung von Energie und Ressourcen bei der öffentlichen Beschaffung in der Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung verankert werden.
Darüber hinaus wird der soziale Aspekt der Nachhaltigkeit wird oftmals sträflich vernachlässigt. So auch in dem Entwurf der Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung und hier bei der Aufzählung besonders relevanter Themen der Allianz für Nachhaltige Beschaffung (AfNB), die sich lediglich auf Umweltaspekte („Elektromobilität, Ressourceneffizienz oder nachhaltigem Bauen“, S.37) beziehen. Zentrales Ziel bleibt es, die Menschen- und Arbeitnehmerinnenrechte entlang der globalen Wertschöpfungsketten zu sichern. Dazu müssen zunächst die ILO-Kernarbeitsnormen anerkannt und eingehalten werden. Unerlässlich sind dazu Rechtsvorschriften für multinationale Unternehmen in ihren Heimatländern, gegen deren Verstoß weltweit Klagemöglichkeiten einzurichten sind – über einen funktionierenden und transparenten Beschwerdemechanismus.
Vor diesem Hintergrund kritisieren wir, dass es sowohl mit dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkung als auch mit dem derzeitigen Entwurf der Nachhaltigkeitsstrategie verpasst wurde, einen verbindlichen rechtlichen Rahmen bzw. eine grundlegende Strategie für insbesondere sozial, aber auch ökologisch verantwortliche Beschaffung zu implementieren. Stattdessen weisen Sie im Entwurf darauf hin, dass die Möglichkeiten für strategische Auftragsvergabe verbessert worden sind und halten weiterhin am freiwilligen Handeln der Beschaffungsstellen fest, obwohl die Bundesregierung die Chance hatte, die strategische Auftragsvergabe gesetzlich verpflichtend zu verankern.
Weitergehend wird im Entwurf die Kompetenzstelle für Nachhaltige Beschaffung erwähnt, die Beschaffungsverantwortliche beraten soll. An dieser Stelle möchten wir die Durchführung von Pilotprojekten mit Beschaffungsstellen anregen, in denen die Hemmnisse von Beschaffungsverantwortlichen bei der Einrichtung einer sozial verantwortlichen Beschaffung gemindert bzw. beseitigt werden können. Bis heute mangelt es weniger an Wissen über die Möglichkeiten nachhaltiger Beschaffung, sondern vor allem an einer fachlichen Begleitung bei der tatsächlichen Umsetzung.
Für die Sicherstellung von Sozial- und Umweltstandards wird auf ein Wachstum der Siegel- und Auditierungsindustrie gesetzt, die dieser nur punktuell gerecht werden kann. Die Bundesregierung macht sich zur Aufgabe die Glaubwürdigkeit von Siegel und Zertifikaten für die Verbraucherinnen über das Portal www.siegelklarheit.de einzuschätzen, statt verbindliche Regeln für weltweit agierende Unternehmen aus Deutschland bzgl. der Produktherstellung, -nutzung und -entsorgung zu implementieren.
Die Allianz SACHSEN KAUFT FAIR fordert weiterhin die verbindliche Einhaltung von Menschenrechten und deren Kontrolle als Bedingung und nicht als Möglichkeit bei der Beschaffung!