Liebe Frau Eube, bei dem Thema faire Beschaffung nimmt die Gemeinde Markkleeberg mit seinen gerade einmal 25.000 Einwohnerinnen und Einwohnern eine Vorreiterrolle in Sachsen ein. Warum hat sich die Stadt Markkleeberg diesem Thema angenommen?
Markkleeberg möchte zur ökologischeren und sozialeren Verwendung von öffentlichen Mitteln beitragen und die Sichtbarkeit des Themas erhöhen. Die Stadt will auf Güter verzichten, die durch ausbeuterische Kinderarbeit oder unter Verletzung sozialer Mindeststandards hergestellt werden. Als öffentliche Auftraggeber besitzen wir eine wichtige Vorbildfunktion gegenüber unseren Bürgerinnen und Bürgern, dieser wollen wir gerecht werden.
Das klingt spannend und sehr ambitioniert. Die Einkaufsprozesse einer Stadt umzustellen ist sicherlich ein ziemlich schwieriger und langwieriger Prozess?
Das stimmt! Tatsächlich ging den konkreten Änderungen ein intensiver Austausch mit den Kolleginnen und Kollegen aus der Stadtverwaltung und der Zivilgesellschaft voraus. Nachdem Markkleeberg 2015 als Fairtrade Stadt zertifiziert wurde, haben wir 2018 einen Runden Tisch zur Faire Beschaffung gegründet. Dabei war es sehr hilfreich, dass unser Oberbürgermeister Herr Schütze in der Verwaltung stark für das Thema geworben hat. Anstatt auf strikte Regeln zu setzen haben wir die Verwaltung so von Anfang an mit einbezogen und erst einmal versucht Lust auf das Thema zu machen. Zusätzlich habe wir über viele verschiedene Aktionen wie ein faires interkulturelles Kochbuch, Lesungen mit Kinderrechtsexperten und Projektwochen Rund um das Thema Nachhaltigkeit in der Stadtgesellschaft auf das Thema aufmerksam gemacht.
Welche Änderungen wurden damit jetzt konkret erreicht?
In der neuen Markkleeberger Vergabeordnung sind auf Basis eines Stadtratsbeschlusses explizit ökologische und soziale Kriterien verankert. Außerdem wurde das Formular zur Freigabe der Vergabe um diesen Punkt ergänzt, sodass bei jeder Vergabe eine Aussage zu den Kriterien gemacht werden muss. Es fand außerdem eine Grundlagenschulung zur nachhaltigen Vergabe für alle Verwaltungsmitarbeiter*innen statt, Praxisworkshops für die einzelnen Ämter folgen im Herbst.
Und welche Produkte oder Dienstleistungen hat die Stadt bisher entsprechend der neuen Vorgaben beschafft und welche Nachhaltigkeitskriterien wurden dabei berücksichtigt?
Bisher wurden Dienstkleidung, Natursteine, Kaffee und weitere Lebensmittel sowie Marketingprodukte wie Baumwollbeutel für das Tourismusbüro fair beschafft. Welche weiteren Produkte inzwischen fair beschafft wurden erfahren wir Ende des Jahres im Rahmen einer Evaluation.
Großartig. Von dem Engagement in Markkleeberg können sicherlich viele sächsische Kommunen noch etwas lernen. Mit Blick auch die anstehende Reform des sächsischen Vergabegesetzes: Was wünscht sich die Stadt von der Novellierung?
Im neuen Vergabegesetz sollten ökologische und soziale Kriterien als Pflicht eingeführt werden, die bei jeder Beschaffung und Vergabe obligatorisch beachtet werden müssen. Alle fakultativen Regelungen verzögern nur den bereits längst überfälligen Prozess der globalen Etablierung fairen Handels. Sachsen darf unfairen Handel nicht länger durch ein schwammiges Vergabegesetz unterstützen.
Das finden wir auch. Danke für das Gespräch und weiterhin viel Erfolg Frau Eube.