Der EU-Schwellenwert gibt an bis zu welcher Summe die öffentliche Hand einen Auftrag öffentlich oder beschränkt ausschreibt oder freihändig (also eigenständig) deutschlandweit vergibt. Aufträge oberhalb der Schwelle müssen europaweit ausgeschrieben werden.
Im Mittelpunkt des sächsischen Vergabegesetzes steht das ‚wirtschaftlichste Angebot‘. In § 5 (1) 2 heißt es “Der Zuschlag ist auf das unter Berücksichtigung aller Umstände wirtschaftlichste Angebot zu erteilen. Der niedrigste Angebotspreis allein ist nicht entscheidend.” In der Praxis bedeutet dies allerdings dennoch immer das billigste Angebot; denn außer dem Preis (und Qualität) gibt es keine weiteren relevanten Kriterien.
“Entgegen der allgemeinen Entwicklung die vergaberechtlichen Regelungen immer umfangreicher zu gestalten und gesellschaftspolitisch durchaus wünschenswerte, aber für eine Wirtschaftlichkeit der Beschaffung nicht relevante Aspekte zu regeln, beschränkt sich das Gesetz auf ein Mindestmaß an Regelungen. Dies bedeutet keineswegs, dass bei bestimmten Beschaffungen soziale und ökologische Kriterien keine Rolle spielen. Die Vergabestellen sind nicht daran gehindert, soziale oder Umweltaspekte bei ihren Vergaben zu berücksichtigen, wenn diese mit dem Auftragsgegenstand zusammenhängen. Der Gesetzgeber schreibt diese aber nicht vor. Die Entscheidung, ob bei der Beschaffung soziale oder ökologische Kriterien Berücksichtigung finden sollen, obliegt – wie im bisher geltenden Recht auch – der Vergabestelle.”
KEIN politisches Signal für Menschenrechte und Umwelt!
KEINE Stärkung der Verwaltung für soziale und ökologische Verantwortung bei der Beschaffung!
In der Bewertung der FDP des neuen Vergabegesetzes heißt es: “Das neue Vergabegesetz ist unbürokratisch, da es keine vergabefremden Kriterien bei der Vergabe vorschreibt. Vergabefremde Auflagen, wie zum Beispiel überzogene Ökostandards oder politische Mindestlöhne, sind nicht vorgeschrieben.”
Die Allianz SACHSEN KAUFT FAIR ist ein breites zivilgesellschaftliches Bündnis und strebt eine ökologisch und sozial verantwortliche Beschaffung der öffentlichen Hand, d. h. von Verwaltungen auf Landes- und auf kommunaler Ebene, von Kirchgemeinden und kirchlichen Einrichtungen ebenso wie öffentlichen Institutionen und staatlichen Unternehmen in Sachsen an.
Unter dem Begriff öko-soziale Beschaffung ist der Einkauf von Produkten und Dienstleistungen, der die Einhaltung von Sozial- und Umweltstandards beachtet, zu verstehen. Verwaltungen sollen soziale und ökologische Kriterien zur Grundlage der Vergabeentscheidung machen.
UNSERE FORDERUNGEN
bezüglich der öffentlichen Auftragsvergabe im Freistaat Sachsen und seiner Kommunen.
Die Allianz SACHSEN KAUFT FAIR fordert bei der Vergabe öffentlicher Aufträge (zusammenfassend „nachhaltige Kriterien“ genannt):
Die Einhaltung der benannten Kriterien ist mittels belastbarer Nachweise zu kontrollieren. Bei Verstößen sind Sanktionen zu erlassen.
Bund, Länder und Kommunen (rund 30.000 Vergabestellen) vergeben jährlich öffentliche Aufträge von mehr als 360 Milliarden Euro – das sind ca. 17 Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP) der Bundesrepublik Deutschland. Sie sind dadurch Großkunden und somit von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung. Diese Marktmacht können öffentliche Auftraggeber nutzen, um der Verantwortung einer nachhaltigen Entwicklung nachzukommen: die Beachtung sozialer und ökologischer Aspekte bei der Auftragsvergabe. Die öffentliche Hand als Nachfrager kann so Druck auf das Angebot ausüben.
Zudem hat das Verwaltungshandeln der öffentlichen Hand Vorbildfunktion für die Privatwirtschaft. Kauft der Staat oder die Kommune öko-fair ein, dann können es andere auch!
Auf dem ‚Einkaufszettel’ von Bund, Ländern, Gemeinden und Körperschaften öffentlichen Rechts stehen Werbe-T-Shirts für Events oder Dienstkleidung für die Polizei, Pflastersteine für Marktplätze oder Büromaterialien für die Verwaltung.
Da die öffentliche Hand dafür Steuergelder ausgibt, sind die Fragen erlaubt: Was wird eingekauft? Wo wird eingekauft? Zu welchem Preis und auf wessen Kosten?
Den Preis für den allzu häufig billigen Einkauf zahlen in der Regel andere. Internationale Studien belegen, dass gegen Arbeits- und Menschenrechte bei der Herstellung von Dienstbekleidung, dem Abbau von Natursteinen, dem Anbau von Blumen etc. in den meisten Fällen verstoßen wird. Mit einem lediglich preisinduzierten Einkauf profitiert die öffentliche Hand von der Ausbeutung von Mensch und Umwelt - und legitimiert diese dadurch.
Soziale Kriterien entsprechen der Einhaltung der Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO):
Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, Artikel 23
Und weiterhin:
Einen guten Überblick bietet auch die Tabelle der faircademy.
Für sämtliche Produkte gibt es unterschiedlich zu berücksichtigende umweltbezogene Kriterien. Die Europäische Kommission hat für alle Produktgruppen mögliche Kriterien aufgeführt. Hier nur ein paar Beispiele: